„Burgstall“ ist eine alte Bezeichnung für einen Geländesporn oberhalb der Ager bei Unterachmann. Die topografisch auffällige Form veranlasste in den Jahren 2014 und 2015 Archäologen dazu, das Gelände näher zu untersuchen.
Unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Timothy Taylor vom Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität Wien und mit Unterstützung des Landes Oberösterreich untersuchte ein Grabungsteam die Ebene auf dem Geländesporn. Im Frühjahr 2014 wurden Bodenuntersuchungen durchgeführt. Die Untersuchung der Grabungsfläche mittels Georadar und Geomagnetik brachte Aufschluss über die potentielle Existenz archäologisch interessanter Befunde.
Die untersuchte Fläche liegt in etwa 495 m Höhe uüber der Adria am nordöstlichen Ende eines 200 m langen und 25 bis 30 m breiten Terrassensporns. Von Osten war der Sporn ehemals vermutlich eben zugänglich.
Die Funde sind aufgrund des sauren Bodenmilieus in einem eher schlechten Erhaltungszustand. Es handelt sich dabei u. a. um Keramikfragmente und Artefakte aus Silex (Kratzer, Schaber, Pfeilspitze aus Feuerstein) und Felsgestein (Klopfstein, Klingenfragment eines Flachbeiles).
Die Auswertung des keramischen Materials ist in typologischer Hinsicht wahrscheinlich einer oder mehreren Siedlungsphasen des Spätneolithikums zuzuweisen, wobei vor allem ein Fragment mit einer dreifachen, sehr flachen und zarten Leistenverzierung bemerkenswert ist. Denkbar wäre dafür eine Datierung ab der Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr., was einer späten Phase der Besiedlung der Ufer des Attersees entsprechen könnte und dem Fundort eine dementsprechend hohe Relevanz verleiht. Neben den Funden weisen auch Befunde im Erdreich auf eine spätneolithische Siedlungstätigkeit hin. Aufgefunden wurde der Rest eines Abschnittsgrabens, in dessen oberen Verfüllungsschichten ein frühmittelalterliches Keramikfragment gefunden wurde. Es kann also davon ausgegangen werden, dass dieser Graben im Frühmittelalter zumindest teilweise offen stand. Als Errichtungszeitpunkt des Grabens kommt neben einer mittelalterlichen auch eine urgeschichtliche bzw. kupferzeitliche Zeitstellung in Frage.
Zumindest größtenteils sicher in die Kupferzeit datierbar sind zahlreiche Gruben. Die runden Gruben sind typische Silos zur Lagerung von Saatgetreide, während etwas größere, oval-rechteckige Objekte durchaus als Erdkeller bezeichnet werden können und ebenfalls zu Lagerungszwecken gedient haben. Zusätzlich ließen sich Holzkohle- und Brandlehmeinschlüsse in den Gruben nachweisen, was auf einen Brand ehemaliger Holzbauten, die mit Lehm verstrichen wurden, zurückzuführen ist. Während der Grabungskampagne 2014 wurden hunderte Erdproben entnommen und mit Wasser flotiert, um verkohlte Pflanzenreste zu extrahieren. Über die C14-Datierung der Pflanzenreste konnten mindestens zwei Phasen – eine um 3.700 oder 3.600 v. Chr., die der sog. Mondsee-Kultur angehört, und eine jüngere Phase um 2.900 v. Chr. – nachgewiesen werden. Möglicherweise existierte auch eine dritte, ältere Phase um 4.000 oder 3.900 v. Chr. – wobei für die Absicherung noch weitere Analysen notwendig sind.
Quelle: A. Herzog, J. Maurer, T. Taylor, Die kupferzeitliche Spornsiedlung von Lenzing-Burgstall, OÖ in: Netzwerk Geschichte Österreich 2016A. Herzog, J. Maurer, T. Taylor, Bericht zur Ausgrabung Lenzing-Burgstall 2015A. Herzog, J. Maurer, T. Taylor, Forschungsgrabung des Instituts für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität Wien in Kooperation mit der Kulturabteilung des Landes Oberösterreich in Lenzing-Unterachmann, Grabungsjahr 2014
Foto: Grabungsfläche Burgstall 2014, Quelle: Gerald Egger